Zitat:Kommentar
von Isabelle Jacobi
Elon Musks Effizienzbehörde ist ein Flop – und eine verpasste Chance
Der Tech-Milliardär zieht sich aus der Regierung zurück. Sein Department for Government Efficiency war von Anfang an vor allem eines: theatralisch und ineffizient.
31.05.2025
Etwas über hundert Tage lang irrlichterte Elon Musk durch Washington. Er wedelte mit der Kettensäge auf der Bühne herum, schlief im Weissen Haus und verursachte mit seinen Hauruck-Entlassungen Zehntausender Beamter Chaos. Unüberlegte, sicherheitsrelevante Kürzungen wie etwa bei der Nuklearbehörde machten Schlagzeilen; Kriegsveteranen, die im November mehrheitlich für Trump gestimmt hatten, organisierten Protestmärsche, weil sie ihre Gesundheitsversorgung bedroht sahen.
So hatte man sich die Regierungsreform von Musk nicht vorgestellt. Im November präsentierten er und sein damaliger Mitstreiter Vivek Ramaswamy im «Wall Street Journal» ihr Projekt, dem sie den originellen Namen Departement für Regierungseffizienz (Doge) gaben. Es klang vielversprechend. Die beiden Tech-Milliardäre wollten den hoch verschuldeten Staatsapparat verschlanken, Kosten sparen, Regulierungen und andere bürokratische Hürden abbauen – das alles mit ihrem Know-how aus der Tech-Wirtschaft und in Einklang mit dem amerikanischen Recht. Doch die beiden überwarfen sich noch vor dem Amtsantritt von Präsident Trump. Ramaswamy verliess das Gremium Ende Januar.
Kündigungen und Kollateralschäden
Von da an fokussierte sich Musk primär auf rabiate Personalkürzungen – und kam alsbald mit der Justiz in Konflikt. Strategisch war die neue Ausrichtung unglücklich: Beamtenlöhne machen knapp 5 Prozent der jährlichen Staatsausgaben aus. Das Sparpotenzial ist verhältnismässig gering, dafür ist der Faktor Aufregung hoch. Zudem wurde Effizienz kulturkämpferisch umgedeutet: Gespart wurde vor allem in Bereichen, die den Demokraten am Herz liegen, aber nicht unbedingt viel kosten: Entwicklungshilfe, Bildung, Gleichstellung und Konsumentenschutz.
Musk, der grossspurig verkündet hatte, die Staatsausgaben um mehr als einen Drittel oder 2 Billionen Dollar zu kürzen, sparte schliesslich nach eigenen Angaben 175 Milliarden ein, ohne Berücksichtigung der Nebenkosten, die hastige Kündigungen verursachen. Das Doge-Debakel ist eine verpasste Chance, die wuchernden Haushaltsausgaben der USA und damit die Staatsverschuldung zu bremsen. Man muss sich fragen: Wie konnte dieser geniale Unternehmer, der reichste Mann der Welt, so glorios scheitern?
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Und so gerieten sie bald nicht nur mit dem Gesetz in Konflikt, sondern auch mit den Ministern. Aussenminister Marco Rubio und Finanzminister Scott Bessent verteidigten sich lautstark gegen die Übergriffe des Doge auf ihre Kompetenzbereiche – es soll zu heftigen Wortgefechten gekommen sein.
Zweckfreundschaft der Alphatiere
Trump schlug sich auf die Seite seines Kabinetts und schränkte den Handlungsspielraum von Musk ein. Doch der Präsident ist mindestens ebenso verantwortlich, dass Doge floppte. Er genoss das Spektakel. Ein ernsthafter politischer Prozess, der effiziente Sparmassnahmen überhaupt möglich gemacht hätte, blieb unberücksichtigt.
Denn solche lassen sich in den USA nur in Zusammenarbeit mit dem Kongress umsetzen – was man im Weissen Haus schlicht ignorierte. Erst vor zwei Tagen kündigte die Trump-Regierung an, dem Kongress ein Sparpaket zur Unterstützung des Doge zu unterbreiten. Es geht um Kürzungen bei der Entwicklungshilfe USAID und dem öffentlichen Rundfunk in der Höhe von über 9 Milliarden Dollar.
Musk und Trump traten am Freitagabend Seite an Seite im Oval Office auf – dieser sang ein Loblied auf den Mann, der seinen Wahlkampf mit fast 300 Millionen Dollar unterstützt hat. Noch nie sei eine Regierungsreform so erfolgreich gewesen. Als «spezieller Regierungsmitarbeiter» musste Musk nach 130 Tagen gehen. Doch insbesondere die Trumpsche Zollpolitik hat die Zweckfreundschaft der zwei Alphatiere belastet. Auch Musks engste Mitarbeiter werden von dannen ziehen; das Projekt verliert an Glanz.
Elon Musks Image hat durch seine manisch anmutenden Aktivitäten in Washington gelitten – bei seinem Unternehmen Tesla sind die Verkäufe eingebrochen. Mit dem Department of Government Efficiency hat er immerhin erreicht, dass die Verschwendung bei Staatsausgaben ins Bewusstsein einer breiteren Bevölkerung gerückt ist. Solange Trump und die Republikaner ihre Abhängigkeit von Schulden nicht zähmen, ist das ein flüchtiger Gewinn.
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