
RE: China - Eine Supermacht
| 05.10.2023, 15:04 (Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 05.10.2023, 15:07 von Ste Fan.)(04.10.2023, 16:59)Skeptiker schrieb: Sobald du in seiner Argumentation auf das Verhalten des Regimes im Inneren abzielst, musst du dir folgende Frage gefallen lassen:
Was waren das denn für Regimes, die die Amerikaner in "völkerrechtswidrigen Angriffskriegen" beseitigt haben?
Wenn du gleichzeitig ständig den Amis vorwirfst, Völkerrecht verletzt zu haben und dann irgendwelche "roten Linien" oder dergleichen auspackst, dann widersprichst du dir selbst. Du widersprichst den Prinzipien, auf die du dich im vorherigen Satz noch berufen hast.
Das sehe ich anders, schon ganz alleine aus dem Grund dass ich hier recht regelmaessig die Doppelmoral verurteile mit welcher eben diese Aktionen (in Abhaengigkeit der Beteiligten) bewertet werden.
Die Amis marschieren rechtswidrig irgendwo ein: Dies gilt dem Schutz der Menschenrechte, der Demokratie, etc
Land xy marschiert rechtswidrig irgendwo ein: Verbrecher, Imperialisten, Gier nach Rohstoffen, etc
Eine Rechtsordnung mit Anspruch auf internationale Anerkennung muss a. fuer alle gelten und b. alle gleich behandeln, oder sie wird nicht anerkannt. Sellbiges gilt fuer die roten Lienien. In der jetzigen Ordnung (selektive Rechtsauslegung) ist der Westen privilegiert.
Wenn du noch nach den Regimes fraegst welche die Amis "rechtswidrig" beseitigt haben...was gilt dann fuer Regimes die genauso diktatorisch (oder schlimmer) waren, deren Einstellung zu Menschenrechten genauso fragwuerdig (oder gar schlimmer) war und die von den Amis nie "besucht" wurden? Im Gegenteil, die sogar von den Amis hofiert und unterstuetzt wurden - manchmal sogar bei der Einschraenkung von Menschenrechten?
Ich weiss nicht ob du KSA und Iran naeher kennst. Ich schaetze dass 98% der Leute die beide Laender kennen sich im Iran wesentlich wohler fuehlen als in KSA, Frauen definitiv (Zeit vor MBS). Trotzdem stand nur Iran im Scheinwerferlicht was Menschenrechte, etc angeht, warum?
Wobei, seit MBS das Land fuehrt und in kleinen Schritten liberalisiert waechst auch die Kritik an KSA. Rein zufaellig im Gleichschritt mit der Zunahme der Wirtschaftsbeziehungen mit China...

(04.10.2023, 16:59)Skeptiker schrieb: Hierzu zwei Frage:
- Welche Alternative zu dieser Weltordnung schwebt dir (oder euch) denn nun eigentlich vor?
- Glaubst du, dass die Alternative besser ist? Falls ja, wird der Übergangszeitraum nicht ein noch schrecklicheres Tal der Tränen?
Die bisherige Ordnung der Welt zerbricht wahrscheinlich sowieso. Schon wegen Klimawandel, technischen Fortschritt usw.usf.
Ich sehe nur nicht, wieso eine Welt, in der mehrere z. T. atomar bewaffnete Großmächte miteinander konkurrieren besser sein soll als eine Welt mit einer Supermacht.
Um mal eine Metapher zu wählen: Das ist so als würde man eine Polizei, mit der man manchmal unzufrieden ist, austauschen gegen eine Ordnung von Straßengangs, die um die Vorherrschaft in einzelnen Vierteln kämpfen.
Ich habe keine Sorge vor einer Multipolaren Weltordung, ich sehe diese sogar (zumindest auf globaler Ebene) als fairer an als die jetzige.
Aber klar, einen Idealzustand wird auch die neue Weltordung nicht darstellen.
Die jetzige Weltordung bevorzugt einige Laender in Punkto Macht, Einfluss, Energie/Rohstoffe und somit Wohlstand gegenueber einer Mehhrheit der Laender/Menschheit. Fuer mich ist nachvollziehbar das diese Ordnung -speziell auch durch rein eigennuetzige Machtpolitik der USA- fuer mehr und mehr Laender an Attraktivitaet verliert.
Der Vergleich hinkt zwar, aber als das (West)Roemische Reich (Polizei) sich bedingt durch Korruption, Misswirtschaft, innere Spannungen in Richtung Niedergang bewegte gewannen viele Regionalfuersten (Strassengangs) an Einfluss und wurden von vielen Bewohnern Rom gegenueber bevorzugt. Es gab also nicht nur die Barbaren von aussen, sondern auch Fliehkraefte von innen.
Die Menschen ausserhalb der USA oder Europa (Peripherie) werden die Alternativen komplett anders bewerten als jemand der von der bestehenden Ordnung profitiert.
(04.10.2023, 16:59)Skeptiker schrieb: Ich habe hier in dem Thread schon auf Taiwan hingewiesen.
Es ist eine andere praktische Instanz der selben Fragestellung!
Die Kommunisten haben den chinesischen Bürgerkrieg auf den Festland gewonnen und das Vorgänger-Regime de facto auf eine Insel verdrängt.
Aus letztlich politischen und wirtschaftlichen Gründen hat die halbe Welt die Volksrepublik anerkannt, während Taiwan eine Art "Schattenexistenz" fristet.
Was schwebt dir denn so als Lösung vor?
Ich habe da keine Patentloesung fuer, und Taiwan ist ja seit Laengerem ein Streitthema hier.
MMn ist es schwer ueber ein bestimmtes "legitimes" Vorgaengerregime zu sinnieren, bzw waere das ja dann wohl am ehesten die Qing Dynastie. Vereinfacht zusammengefasst brach ja die letzte Dynastie zusammen, viele Jahre Chaos dann die KMT und die Kommunisten zusammen bis sich diese spalteten - der Buergerkrieg war da. Wobei die KMT selbst war auch gespalten war.
Man koennte - meine Meinung- auch behaupten dass die im Buergerkrieg unterlegende Gruppe auf eine Insel gefluechtet ist (und die dort indigene Bevoelkerung verdraengt hat). Somit waere Taiwan aus chinesischer Sicht wohl zurecht ein Teil Chinas.
Wenn wir jetzt im Zuge der Doppelmoral noch bedenken dass es z.B. in Suedamerika Regimes gab die durch klaren Militaerputsch an einer demokratisch gewaehlten Regierung an die Macht kamen - und dann sofort als legitime Regierung auch von der UN anerkannt wurden, dann wird wohl gelten dass die Bewertung und die Loesung von solchen Faellen wohl mehr mit Macht und Staerke der involvierten Parteinen (+Unterstuetzern) zu tun hat als mit einem objektiven Werte-/Rechtssystem.