(05.11.2023, 19:02)J R schrieb: professioneller werden, auch bei der Verarbeitung und Interpretation von Daten. Meine Handlungen beruhen auf Anwendungen aus der kapitalmarkttheoretischen Steinzeit, die Betrachtung von Linien mit gleitenden Durchschnitten, das traditionelle (Wieder-)Erkennen von Mustern und der Glaube an ein fortschreitenden Trend. Es war ein Schock für mich als ich zum ersten Mal die Arbeiten von Derman sah. Der hatte bereits vor Jahrzehnten mit finanzmathematischen Modellen gearbeitet, die selbst heute nicht weit verbreitet sind.
Gemäss SciFi-Autor William Gibson gilt "die Zukunft ist bereits hier - sie ist bloss nicht gleich verteilt".
Die Optionspreistheorie von Fischer-Black-Merton-Scholes schlug im Jahr 1973 ein, aber es dauerte bis 1985 bis der anerkannte Quant Emanuel Derman mit der Black-Scholes-Gleichung arbeitete. Emanuel Derman schreibt in seinem Buch "My Life as a Quant" aus dem Jahr 2004 über seinen Werdegang, wissenschaftliche Strömungen und Kapitalmarkttheorien. So hat er bereits 1984 mit Feynman arbeiten dürfen und dieser hatte erste Überlegungen zu Quantencomputern. Später arbeitete Derman in den Bereichen Wahrscheinlichkeitsrechnung, Topologie, Differentialgleichungen, Fourier-Reihen, Monte-Carlo-Simulationen, sogar Hilbert-Räumen. Aber am Ende erkennt er dass ...
Quote: My Life as a Quant, Derman S. 266
https://www.amazon.de/My-Life-Quant-Refl...201&sr=8-1
Als ich in die Finanzbranche gewechselt bin, wollte ich sein wie Dearman. Ein pricing quant. Ich kannte mich aus anderen Gründen mit stochastischen Differentialgleichungen aus und dachte dass ist die Königsdisziplin der Finanzmathematik.
Wenn man sich da ne Weile mit Beschäftigt hat, kommt halt ein anderer Spruch von Derman zum Tragen
"you got to know a good model to recognize a bad model".
Viel von dem Derivate Bepreisung kram ist quasi nutzlos. Black Scholes hat seinen Platz weil es gewisse Sachen erfasst. Das Modell wird in der Praxis genutzt...aber ganz anders als in der Theorie vorgesehen. Hin und wieder kommen Spielarten vom Heston Modell (wenn offensichtlich ist, das die stochastische Natur der Vol entscheidend für das Produkt ist).
Es gibt noch ein paar Modelle zur Bewertung von Zinsderivaten und Bewertung von Produkten im Commodity Bereich. Beides hat andere Anforderungen für die Leute die damit arbeiten. Aber am Ende sind es eher die einfachen Modelle, die sich im Pricing durchsetzen.
Und selbst das wird in der Regel durch Simulation und Numerik ersetzt. Das waren so meine letzten Taten, bevor ich das Feld gewechselt habe. Dinge einfach zu simulieren und nummerisch zu bearbeiten. Kam das gleiche Raus.
Algorithmischer Handel ist eine bisschen andere Geschichte. Ich vermisse die Welt der derivate Bepreisung nicht.
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