(28.03.2019, 11:09)Thor3 schrieb: Die Analogie mit Lipobay liegt nahe, aber damals waren es doch eben die Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, welche so fatal waren. Bayer selbst agierte damals doch proaktiv, kontaktierte die FDA, nahm Lipobay vom Markt.
Glyphosat wird doch nun nachgesagt, dass es bei korrekter Anwendung krebserregend sei, was die FDA und alle möglichen sonstigen Behörden weltweit so nicht sehen. Lediglich die IARC kam zu einer sehr kontroversen andersartigen Einschätzung.
Ja, die Nebenwirkungen traten gehäuft auf, wenn es eine co-Medikation mit Fibraten gab. Die in den USA verwendete Dosierung war jedoch schlichtweg zu hoch. Deswegen gab es dort deutlich gehäufter Nebenwirkungen, die hier in Europa in dem Maße nicht beobachtet wurden.
Im Grundsatz ist die Vorgeschichte aber egal: Wenn du ein Produkt in Umlauf bringst, das den Anwender schädigt, kannst du dafür haftbar gemacht werden. Auch wenn die Behörden dir den Vertrieb genehmigt haben und du das Produkt dann auch zeitnah vom Markt nimmst, schützt dich das nicht vor Schadenersatzansprüchen. Die Frage, ob Glyphosat korrekt angewendet tatsächlich carcinogen wirkt, ist in der Tat umstritten. Meiner Meinung nach sprechen die meisten Daten eher dagegen. Aber wenn die Sache vor den Gerichten erst einmal eine gewisse Eigendynamik entwickelt hat, dann hilft dir das nur wenig.
Erschwerend dürfte meiner Meinung nach die Abgabepraxis in den USA sein: Wenn du im Baumarkt (habe ich selbst gesehen) das Präparat als Hochkonzentrat im Gebinde von Behältern, die mehrere Gallonen enthalten, palettenweise abgibst, dann musst du dich nicht wundern, wenn Kunden sich vergiften. Denn wie immer macht die Dosis das Gift. Und die Kombination "riesiges Volumen" und "hochkonzentrierter Wirkstoff" abgegeben an Hinz und Kuntz gibt dem Hersteller halt eine gewisse Verantwortung, selbst dann, wenn der Kunde sich vergiftet, weil er die Anleitung nicht sorgfältig genug studiert hat. Das dürfte die Rückzugsposition für die Kläger sein, falls die Gerichte den Standpunkt treten, bei korrekter Anwendung seien keine carcinogenen Effekte zu erwarten. Ich habe jedenfalls vor einigen Jahren spontan Magenkrämpfe bekommen, als ich die Roundup-Türme im Kassenbereich gesehen habe (und die Krämpfe stellten sich dann Jahre später wiederum ein, als ich gehört habe, dass Bayer Monsanto übernehmen möchte).