zum Thema ESG: ich persönlich habe eine gewisse Skepsis, ob ESG-Ratings die ihnen zugeschriebene Funktion uneingeschränkt erfüllen können.
Trotzdem, die meisten Marktteilnehmer greifen auf die Einschätzungen externer Ratinggesellschaften zurück.
Aber: weder die Frage, was mit einem Nachhaltigkeitsrating überhaupt gemessen werden soll, noch die Frage, wie dies eigentlich umzusetzen ist, können für potenzielle Nutzer allgemeingültig beantwortet werden.
Unabhängig davon, wie sich die Ratingmethodologien im Detail darstellen, müssen entspr. Bewertungsmodelle die aus der empirischen Sozialforschung bekannten Gütekriterien erfüllen, für mich zählen hierzu:
1.Objektivität (Unabhängigkeit): gesetzt den Fall, Nachhaltigkeit ist messbar: kommen verschiedene Analysten bei gleicher Ratingmethodik zum gleichen Ergebnis ?
ESG-Ratings sind stets in gewissem Masse subjektiv (v.a. qualit. Daten, die über Interviews gewonnen werden)
2.Reliabilität (Zuverlässigkeit): führt eine wiederholte Beurteilung der Nachhaltigkeitsleistung zum gleichen Ergebnis ?
3. Validität (Genauigkeit): messen ESG-Ratings tatsächlich das, was sie messen sollen ?
Logisch, dass hohe ESG-Bewertungen geringe Nachhaltigkeitsrisiken zum Ausdruck bringen sollten... Falsifizierungen dieses Zusammenhangs gibt's jedoch zur Genüge.
Wird ein Skandal öffentlich, so sinken die entspr. Bewertungen im Nachgang signifikant ab.
Das Beispiel VW, ist ein populäres Beispiel für die fehlende Validität entsprechenden Ratings.
Hinzu kommt, dass die Heterogenität der Vorstellung der Bedeutung von "Nachhaltigkeit" steht einer Standardisierung von ESG-Ratings im Wege.
Nicht ohne Grund hat sich noch kein einheitlicher Bewertungsstandart am Markt für ESG-Ratings durchgesetzt, denn man kann ja nicht bewerten, was nicht definierbar ist...
Ich habe mal im vergangen Dezember die Verteilung der ESG-Score unterschiedlicher Ratinganbieter für MSCI World Unternehmen angeschaut (MSCI ESG Ratings, Sustainalytics, RobecoSAM); und es verdeutlicht, dass eine Verteilung der Punktwerte je nach Ratinganbieter sehr verschieden sind.
Das bedeutet, dass die Anbieter bei den analys. Unternehmen des MSCI World Index offenbar zu abweichenden Bewertungen gelangen. Oftmals sind diese Abweichungen gering, in anderen Fällen liegen die Einschätzungen jedoch weit auseinander.
Beispiel ESG-Beurteilung der versch. Anbieter für ausgewählte Unternehmen aus dem Automobilsektor; hier zeigen sich teils deutliche Differenzen zw. den jeweiligen Einschätzungen (Stand Nov 2019, um Skalierung zu vereinheitlichen, habe ich die Punktwerte von MSCI ESG Research verzehnfacht, so dass sich auch diese in Spanne zw. 0 und 100 Punkten bewegt):
-während VW bei Ratinganbieter MSCI ESG auf 0 Punkte und bei Sustainalytics zuletzt auf 19 Punkte kam (wobei 100 Punkte = bestmöglich), bewertete RobecoSAM die ESG-Performance von VW mit 65 Punkten...
-die Porsche Holding hingegen kommt bei Sustainalytics auf 88 Pun kte, währden das Unternehmen bei RobecoSAM mit 45 Punkten deutlich schlechter abschneidet.
-auch GM kommt bei MSCI ESG auf gerade einmal 3 Punkte, während die beiden anderen Anbieter die Nachhaltigkeitsbemühungen mit 60 bzw. 90 Punkten goutieren
-Tesla hingegen wird von MSCI ESG mit 65 Punkten überdurchschnittlich gut bewertet, bei Sustainalytics und RobecoSAM fällt das Urteil mit 28 bzw 13 Punkten weit unterdurchschnittlich aus.
Vergleicht man die Konzerne mit den jeweils 100 höchsten Bewertungen, so ergeben sich insgesamt 235 verschiedene Namen.
Lediglich 11 Konzerne finden sich bei allen 3 Ratinganbietern unter den Top 100 wider...
Obwohl der Zusammenhang zw. den Bewertungen der einzelnen Anbieter zwar positiv ist, ist aber bei weitem nicht perfekt.
So betragen die Korrelationskoeffizienten zw. den Bewertungen von MSCI ESG und dein Einschätzungen von Sustainalytics und RobecoSAM 0.54 bzw 0.46. Bei den Bewertungen der beiden letztgenannten Anbieter besteht ein enger Zusammenhang (0.7).
Interessant war für mich, dass die Bewertungen für die einzelnen Dimensionen bei MSCI ESG keinen Zusammenhang aufweisen, d.h. ein hoher Punktwert im Bereich Environmental ("E" von ESG) korreliert nicht mit hohen Bewertungen im Bereich Social ("S" von ESG) oder Governance ("G" von ESG).
Bei Sustainalytics und RobecoSAM hingegen zeigen sich deutlich positive Zusammenhänge.
Um den Effekt der ESG-Berichterstattung auf die Ratingergebnisse abschätzen zu können, habe ich die Korrelationsmatrix um einen Disclosure-Score von Bloomberg ergänzt (BB-Disclosure); dieser misst im Wesentlichen den Berichtsumfang. Grundsätzlich haben grössere und profitablere Firmen bessere Möglichkeiten, ihre Nachhaltigkeitsbemühungen zu stärken und hierüber zu berichten.
Aufgrund des geringen Vereinheitlichungs- und Verbindlichkeitsgrades von ESG-Informationen, haben Unternehmen Anreize, hierbei positive Nachhaltigkeitsinformationen überzugewichten.
Fazit:
verschiedene Ratingagenturen bieten dem interessierten Stakeholder Hilfestellung.
Aber: ein unreflektiertes Implementieren der Urteile kann dem Anspruch von verantwort. Investieren jedoch nicht gereicht werden.
Trotzdem, die meisten Marktteilnehmer greifen auf die Einschätzungen externer Ratinggesellschaften zurück.
Aber: weder die Frage, was mit einem Nachhaltigkeitsrating überhaupt gemessen werden soll, noch die Frage, wie dies eigentlich umzusetzen ist, können für potenzielle Nutzer allgemeingültig beantwortet werden.
Unabhängig davon, wie sich die Ratingmethodologien im Detail darstellen, müssen entspr. Bewertungsmodelle die aus der empirischen Sozialforschung bekannten Gütekriterien erfüllen, für mich zählen hierzu:
1.Objektivität (Unabhängigkeit): gesetzt den Fall, Nachhaltigkeit ist messbar: kommen verschiedene Analysten bei gleicher Ratingmethodik zum gleichen Ergebnis ?
ESG-Ratings sind stets in gewissem Masse subjektiv (v.a. qualit. Daten, die über Interviews gewonnen werden)
2.Reliabilität (Zuverlässigkeit): führt eine wiederholte Beurteilung der Nachhaltigkeitsleistung zum gleichen Ergebnis ?
3. Validität (Genauigkeit): messen ESG-Ratings tatsächlich das, was sie messen sollen ?
Logisch, dass hohe ESG-Bewertungen geringe Nachhaltigkeitsrisiken zum Ausdruck bringen sollten... Falsifizierungen dieses Zusammenhangs gibt's jedoch zur Genüge.
Wird ein Skandal öffentlich, so sinken die entspr. Bewertungen im Nachgang signifikant ab.
Das Beispiel VW, ist ein populäres Beispiel für die fehlende Validität entsprechenden Ratings.
Hinzu kommt, dass die Heterogenität der Vorstellung der Bedeutung von "Nachhaltigkeit" steht einer Standardisierung von ESG-Ratings im Wege.
Nicht ohne Grund hat sich noch kein einheitlicher Bewertungsstandart am Markt für ESG-Ratings durchgesetzt, denn man kann ja nicht bewerten, was nicht definierbar ist...
Ich habe mal im vergangen Dezember die Verteilung der ESG-Score unterschiedlicher Ratinganbieter für MSCI World Unternehmen angeschaut (MSCI ESG Ratings, Sustainalytics, RobecoSAM); und es verdeutlicht, dass eine Verteilung der Punktwerte je nach Ratinganbieter sehr verschieden sind.
Das bedeutet, dass die Anbieter bei den analys. Unternehmen des MSCI World Index offenbar zu abweichenden Bewertungen gelangen. Oftmals sind diese Abweichungen gering, in anderen Fällen liegen die Einschätzungen jedoch weit auseinander.
Beispiel ESG-Beurteilung der versch. Anbieter für ausgewählte Unternehmen aus dem Automobilsektor; hier zeigen sich teils deutliche Differenzen zw. den jeweiligen Einschätzungen (Stand Nov 2019, um Skalierung zu vereinheitlichen, habe ich die Punktwerte von MSCI ESG Research verzehnfacht, so dass sich auch diese in Spanne zw. 0 und 100 Punkten bewegt):
-während VW bei Ratinganbieter MSCI ESG auf 0 Punkte und bei Sustainalytics zuletzt auf 19 Punkte kam (wobei 100 Punkte = bestmöglich), bewertete RobecoSAM die ESG-Performance von VW mit 65 Punkten...
-die Porsche Holding hingegen kommt bei Sustainalytics auf 88 Pun kte, währden das Unternehmen bei RobecoSAM mit 45 Punkten deutlich schlechter abschneidet.
-auch GM kommt bei MSCI ESG auf gerade einmal 3 Punkte, während die beiden anderen Anbieter die Nachhaltigkeitsbemühungen mit 60 bzw. 90 Punkten goutieren
-Tesla hingegen wird von MSCI ESG mit 65 Punkten überdurchschnittlich gut bewertet, bei Sustainalytics und RobecoSAM fällt das Urteil mit 28 bzw 13 Punkten weit unterdurchschnittlich aus.
Vergleicht man die Konzerne mit den jeweils 100 höchsten Bewertungen, so ergeben sich insgesamt 235 verschiedene Namen.
Lediglich 11 Konzerne finden sich bei allen 3 Ratinganbietern unter den Top 100 wider...
Obwohl der Zusammenhang zw. den Bewertungen der einzelnen Anbieter zwar positiv ist, ist aber bei weitem nicht perfekt.
So betragen die Korrelationskoeffizienten zw. den Bewertungen von MSCI ESG und dein Einschätzungen von Sustainalytics und RobecoSAM 0.54 bzw 0.46. Bei den Bewertungen der beiden letztgenannten Anbieter besteht ein enger Zusammenhang (0.7).
Interessant war für mich, dass die Bewertungen für die einzelnen Dimensionen bei MSCI ESG keinen Zusammenhang aufweisen, d.h. ein hoher Punktwert im Bereich Environmental ("E" von ESG) korreliert nicht mit hohen Bewertungen im Bereich Social ("S" von ESG) oder Governance ("G" von ESG).
Bei Sustainalytics und RobecoSAM hingegen zeigen sich deutlich positive Zusammenhänge.
Um den Effekt der ESG-Berichterstattung auf die Ratingergebnisse abschätzen zu können, habe ich die Korrelationsmatrix um einen Disclosure-Score von Bloomberg ergänzt (BB-Disclosure); dieser misst im Wesentlichen den Berichtsumfang. Grundsätzlich haben grössere und profitablere Firmen bessere Möglichkeiten, ihre Nachhaltigkeitsbemühungen zu stärken und hierüber zu berichten.
Aufgrund des geringen Vereinheitlichungs- und Verbindlichkeitsgrades von ESG-Informationen, haben Unternehmen Anreize, hierbei positive Nachhaltigkeitsinformationen überzugewichten.
Fazit:
verschiedene Ratingagenturen bieten dem interessierten Stakeholder Hilfestellung.
Aber: ein unreflektiertes Implementieren der Urteile kann dem Anspruch von verantwort. Investieren jedoch nicht gereicht werden.