(12.08.2019, 10:14)saphir schrieb: Wenn dem so ist, dann könnte die Konsequenz doch sein eine Methode zu suchen mit der man den Geschäftsbericht besser abschätzen kann. Und dazu braucht man dann Kenntnisse wie so eine Unternehmensbewertung funktioniert. Da hab ich doch recht oder?
Hat folgende Haken:
1) Geschäftsberichte fundiert zu analysieren ist sehr aufwändig, ja Knochenarbeit. Im Prinzip können Normalanleger oder gar Einsteiger das meist nicht. Das ist die Realität. Ich will nicht missverstanden werden: Ich finde altmodischer Weise, wer in Einzeltitel investiert, sollte den Geschäftsbericht des Unternehmens mal quer gelesen haben. Grundkenntnisse im Bilanzlesen schaden natürlich nicht. Das Wissen darum ist ja im breiten Volk erbärmlichst. Sprich mal mit 3 Leuten aus Deiner Bekanntschaft, die nicht Ökonomen sind, über Bilanzen - in der Regel möchte man schon nach dem ersten der drei Gespräche ausm Fenster springen. Ist wieder ein anderes Thema.
2) Was sowieso nicht funktioniert, ist auf diese Weise den Markt zu schlagen. Es gibt praktisch nur Gründe dafür, dass das nicht gelingen kann. Zunächst muss man sich mal vor Augen führen, welche Horden von hochspezialisierten Analysten, die genau nichts anderes tun als Unternehmensanalysen zu machen, und das tagaus tagein, man da "gegen" sich hat. Dann ist auch noch so, dass der Markt gar nicht nur, ja nicht einmal vor allem den Unternehmenswert handelt und bewertet - überhaupt nicht! Er handelt weit eher die (angebliche) unternehmerische Zukunft. Es gab gar nicht so wenige Unternehmen, die bilanztechnisch und operativ nicht nur wertlos, sondern höchstverschuldet waren, ökonomisch gigantische Geldvernichter waren, aber an der Börse Milliarden wert waren. Es ist sogar noch so, dass diese unternehmerische Zukunft eigentlich das ökonomisch Wichtigste ist, die Vergangenheit (die Bilanz, die Geschäftsberichte) sind nur ein Mittel, und nicht das einzige, diese Zukunft abzuschätzen.
Was bleibt?
A) Sich ein ökonomisches und (übrigens ebenso wichtig, gerne unterschätzt) allgemeines Grundwissen über Unternehmen aneignen, um oberflächlichst (richtiges Verhältnis von Zeitaufwand und Ertrag einer allfälligen Investition) solche Wälzer quer lesen zu können. Was produziert das Unternehmen? Hat es wichtige Konkurrenten? Wo geopolitisch hocken die Kunden? Was ist an den Produkten besonders? Haben die Produkte eine hohe Rendite, wenn nicht, werden sie es vermutlich einmal haben, und wieso? Wie hoch ist das Unternehmen verschuldet? Wem gehört es, was haben die Eigner mutmasslich für Absichten? Gibt es Krach mit Regulatoren (in einem weiten Sinne des Wortes)? Gab oder gibt es Versuche das Unternehmen zu übernehmen, oder übernimmt das Unternehmen andere?
B) Übers Unternehmen recherchieren, am besten bei verschiedenen voneinander unabhängigen hochwertigen Quellen. Gute Quellen findet man mit der Zeit. Was man sich sparen kann: Das Lesen von verbandelten Analysten von Banken. Diese Analysen sind meist so falsch, dass nicht einmal das Gegenteil stimmt.
Soweit meine Leitideen zur "Fundamentalanalyse von potentiell investitionswürdigen Einzelunternehmen", schön bombastisch formuliert.
Lg X.